Lina Bögli reist auf Schloss Prangins
zurückBis zum 26. Oktober 2025 widmet sich eine Ausstellung auf Schloss Prangins bei Nyon der Eroberung der Welt durch die ersten Touristinnen und Touristen. Das Château de Prangins ist die Westschweizer Dépendance des Schweizer Landes- und Nationalmuseums. Präsentiert wird unter der Chiffre «Weltreisen – Von Jules Verne bis zu den ersten Globetrottern» aber auch das andere Reisen und Leben der Reiseschriftstellerin Lina Bögli. Die Frau aus einfachen Verhältnissen und den Buchsibergen reiste ja nicht als Touristin um die Welt. Sie reiste – vor allem von 1892-1902 – um sich ein selbstbestimmtes Leben zu verdienen.
In den 1870er-Jahren entstand ein neuer Typ Reisender. Die aktuelle Ausstellung auf Schloss Prangins bei Nyon wurde im Rahmen eines Projekts des Schweizerischen Nationalfonds und der Uni Genf gestaltet. Sie will zeigen, wie Weltreisen – zuvor ein Privileg der Abenteurer – für wohlhabende Touristinnen und Touristen auf der Suche nach Abwechslung und Exotik zugänglich wurden. Jules Verne brachte diese Entwicklung fast zur gleichen Zeit anhand der aussergewöhnlichen 80-tägigen Weltreise des Phileas Fogg in Romanform heraus. Die zwei Originalmanuskripte des 1872 erschienenen Werks sind in Prangins zu sehen.

Wie Lina aus der Schweiz
Unter den Tausenden Touristinnen und Touristen, die zwischen 1869 und 1914 die Welt umrundeten, befanden sich auch einige Schweizerinnen und Schweizer, denen die Ausstellung einen besonderen Platz einräumt. Die ersten Weltreisenden liessen sich ihre Reise entweder durch Reisebüros organisieren, die «All-inclusive»-Angebote zusammenstellten, oder sie planten ihre Reise nicht bis ins Detail. In jedem Fall aber sahen sie die Welt, oder vielmehr eine relativ eingeschränkte Liste von Zwischenstationen auf der Nordhalbkugel: London, Paris, Alexandria, Suez, Aden, Bombay, Kalkutta, Singapur, Hongkong, Yokohama, San Francisco, Salt Lake City und New York.

Teil der Volkskultur
Unterwegs sammelten sie unzählige Souvenirs, Dekorationsgegenstände, Postkarten, Fotos und Anekdoten. Entsprechende Objekte aus privaten Sammlungen und öffentlichen Institutionen markieren nun den Rundgang durch die Ausstellung auf zwei Etagen des Château de Prangins. Installationen, die mit dem Ruf der Ferne locken, sorgen für ein intensives Erlebnis. Die Besucherinnen und Besucher erfahren, wie die Weltreisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem allgegenwärtigen Motiv der Volkskultur werden konnten – nicht zuletzt dank einer Reihe visueller Errungenschaften und literarischer Werke, mit deren Hilfe man die Welt umrunden konnte, ohne sein Zuhause zu verlassen. Zu diesem Erleben der geistig Mitreisenden haben nicht zuletzt auch die beiden Bücher und die späteren Diavorträge der Reiseschriftstellerin Lina Bögli beigetragen.

Der koloniale Kontext Ausserdem erinnert die Ausstellung an den historischen Kontext, in dem diese Globetrotterinnen und Globetrotter zur Eroberung unseres Planeten aufbrachen. Sie stammten oft – so dokumentiert in der aktuellen Ausstellung – aus den grossen Kolonialmächten und machten die Welt zu ihrem Spielfeld. Dank Imperialismus, Kapitalismus und technischem Fortschritt lag ihnen die Welt zu Füssen.
Lina – anders als die andern Umso erstaunlicher und erfreulicher, dass die Ausstellungsmacher:innen Lina Bögli in ihre grosse Schau aufgenommen haben. Bögli, die ganz anders als viele der präsentierten gutbetuchten Globetrotter:innen keine Globetrotterin war. Weder aus wohlhabendem Haus, noch auf einem touristischen Trip. Sie reiste als ledige Frau, um sich ihren Lebensunterhalt in der Fremde und Ferne zu verdienen. In Prangins sind bis Ende Oktober Lina Böglis grosser Reisekoffer und andere Ausstellungsstücke als Leihgaben aus dem Zentrum Lina Bögli in Herzogenbuchsee zu sehen.
Mehr zu Prangins, der Ausstellung und der Reise dorthin lesen Sie hier: www.chateaudeprangins.ch/de